Viele Dichter und Denker der Romantik benutzten das Symbol der blauen Blume. Dieses Motiv lässt sich auf eine altdeutsche Sage zurückführen, die besagt, dass man des Nachts die blaue Wunderblume finden könne und dadurch reich belohnt werde. In der Folge griff Novalis, ein romantischer Dichter, dieses Motiv in seinem Roman Heinrich von Ofterdingen auf und belegte es dabei mit den beschriebenen Eigenschaften, welche die Merkmale einer ganzen Epoche verdeutlichen. Das Symbol der Wunderblume steht für eine ungeheure Sehnsucht nach einer unerreichbaren Sache. Oder auch für Sehnsucht nach Liebe und für das metaphysische Streben nach dem Unendlichen. So setzte sich auch Goethe als begeisterter Botaniker, mit dieser Thematik auseinander. Er ging sogar soweit, eine solche Blume nicht nur als Symbol in der Literatur zu betrachten, sondern hielt es für möglich, dass es eine solche Pflanze wirklich gab. Goethe suchte vor allem in Italien seine „Urpflanze“, die in einigen Deutungsbereichen der blauen Blume entspricht. Diese Urpflanze würde auch, wie die blaue Blume der Romantik, die Unendlichkeit in sich tragen. Dies in gleich drei verschiedenen Deutungsweisen.
Goethe verstand diese Urpflanze als die Mutter aller anderen Pflanzen. Mit Begriffen der Evolution könnte man diese Pflanze als allererste Pflanze bezeichnen, aus der sich dann alle anderen Pflanzen entwickelt haben. Ihr Bauplan wäre also unsterblich in allen anderen Pflanzen enthalten.
Weiter ist diese Pflanze höchst regenerativ. Aus einem kleinen Teil der Pflanze, kann sich wieder eine gesunde, komplette Pflanze entwickeln, aus welcher sich dann wieder neue Abkömmlinge bilden. Und im dritten Sinne, verstand Goethe diese Pflanze auch als Wundermittel gegen alle möglichen Krankheiten. In seinen Texten beschreibt er sie als eine Blume mit heilenden Kräften, die ähnlich wirkt wie der Stein der Weise der alten Alchemisten.
Nach heutigem Kenntnisstand ist diese Wunderblume jedoch keine reale Pflanze und ihre Kräfte sind lediglich fiktiv (soweit zumindest die gängige Lehre).
Doch scheint es, als könnte Goethe auch von etwas anderem gesprochen haben. Nicht von dieser einen Blume die alles heilt, aber von einer grundlegenden Logik der Natur, nämlich dass Pflanzen verschiedene menschliche Leiden zu heilen vermögen. Und wer das Wissen über diese Heilpflanzen und ihre Verwendung kennt, hat ein Werkzeug zur Hand, das ähnlich wie der Stein der Weisen, für alle Krankheiten eine Antwort kennt. Es geht also mehr um das Verständnis über die Gesetzmässigkeiten der Natur, als eine bestimmte Blume oder gar einen Stein. Diesen Ansatz finden wir auch in der klassischen Homöopathie in Form der sogenannten Konstitutionsmittel. Diese decken per Definition das erkrankte Individuum mit allen seinen Krankheitssymptomen quasi deckungsgleich ab und bilden so das Remedium für deren Heilung.